Durch
globale Umweltverschmutzung mit Sauerstoff veränderten die
Pflanzen im Laufe einiger Millionen Jahre die Atmosphäre, der
O2-Gehalt stieg und der CO2-Gehalt
sank. Das machte es immer
schwieriger für die Pflanzen, genügend
hohe CO2-Konzentrationen
für die Photosynthese zu finden.
Insbesondere die so genannten C4-Pflanzen haben sich daran
angepasst.
Wie sie das fertig bringen, wird
jetzt deutlicher.
Pflanzen leben von der Umwandlung der Energie aus dem Sonnenlicht in
chemische Energie. Dazu nehmen sie CO2 aus der
Luft auf, synthetisieren
Kohlenhydrate aus CO und geben O als O2
in die Luft ab. Auch wenn sie
im Dunkeln von der umgekehrten chemischen Reaktion leben, bleibt die
Vorwärts-Reaktion der Photosynthese doch eine
Einbahnstraße. Einige Pflanzenfamilien erfanden neue Wege, um
die CO2-Konzentration an den Orten der
Photosynthese in den
Blättern zu erhöhen: Sie entwickelten sich von C3- zu
C4-Pflanzen. Der Name ist Programm: C3-Pflanzen binden das CO2
zuerst
in einem Molekül mit drei Kohlenstoffatomen durch das
häufigste Protein der Welt, die
Ribulose-Bisphosphat-Carboxylase (Rubisco). Von diesen
C3-Molekülen steht das frisch fixierte Kohlenstoffatom
für alle weiteren Reaktionen wie die Synthese von Zucker
bereit. Das Problem mit diesem Enzym, der Rubisco, ist seine
Fähigkeit, diese Reaktion in beide Richtungen zu katalysieren.
Abb.:
Blattquerschnitt von typischen C3- (links) und
C4-Pflanzen (rechts). Bei den C3-Pflanzen findet die Fixierung
von CO2 direkt in C3-Molekülen
in den Zellen des Palisaden- und des Schwammparenchyms statt. In den
C4-Pflanzen wird das CO2 in den Zellen
des Mesophylls in C4-Molekülen zwischengespeichert, die dann
in die angrenzenden Leitbündelscheidenzellen transportiert
werden. Dort wird das CO2 in
erhöhter Konzentration freigesetzt und dann erst in
C3-Moleküle eingebaut. Bild links: www.biostudies.de.
Bild
rechts: www.uni-duesseldorf.de.
Sinkt die Konzentration an
freiem CO2 an dem Enzym, beschleunigt
es die Freisetzung von CO2 aus dem
gerade synthetisierten C3-Molekül. Daher benötigt die
Rubisco eine gewisse Mindestkonzentration an CO2,
um die Reaktion vom CO2 – zum
C3-Molekül effektiv zu katalysieren. Die C4-Pflanzen schaffen
dies, indem sie zuerst CO2 mit einem
anderen Enzym in einem Molekül mit vier Kohlenstoffatomen
einfangen, daher der Name. Diese Reaktion ist sehr viel effizienter in
die Richtung des CO2-Einbaus,
funktioniert also auch bei niedrigen CO2-Konzentrationen.
Das frische C4-Molekül wird dann zu der Rubisco transportiert,
dort wird CO2 wieder freigesetzt und so
die Konzentration des CO2 an der
Rubisco erhöht. Dieser biochemische C4-Umweg kostet etwas mehr
Energie durch den Transport und den C4 Auf-und Abbau, der sich aber bei
niedriger CO2-Konzentration lohnt. Die
"alten" Pflanzen wie die Bäume und die meisten Pflanzen in den
gemäßigten Breiten kommen bisher ohne diesen
zusätzlichen C4-Weg aus, da sie in unseren kühleren
Klimaten langsamer wachsen. Pflanzen in wärmeren Gegenden wie
zum Beispiel der Mais mussten mit dem Problem fertig werden, dass zur
Mittagszeit, wenn die Sonne auf das Feld scheint, die Photosynthese
sehr effizient abläuft und kein Wind frisches CO2
zufächelt. Die CO2-Konzentration
in der Mitte eines solchen Feldes sinkt rapide soweit ab, dass
für normale Pflanzen keine Photosynthese mehr möglich
ist. Diese Pflanzen wie der Mais mussten den C4-Weg erfinden.
Die Entwicklung von leicht
abgewandelten C4-Wegen hat fast fünfzigmal unabhängig
parallel in verschiedenen Pflanzenlinien stattgefunden. Die
Beobachtung, dass ein solcher Mechanismus so häufig mit einem
vergleichbaren Ergebnis erfunden wurde, deutet an, dass nur wenige
genetische Schalter für diese Veränderungen
verantwortlich sein können. Diese sind bisher aber noch
weitgehend unklar.
Um die genetischen und
biochemischen Hintergründe in der Funktion wie auch in der
Evolution des C4-Photosynthese-(Um)Weges besser zu verstehen, haben nun
zwei Laboratorien von der Universität Düsseldorf um
Andreas Weber und Peter Westhoff eine besondere Pflanzengruppe
analysiert, in der nahe verwandte Pflanzen entweder noch C3-Pflanzen
sind, schon voll den C4-Weg etabliert haben oder scheinbar in der
Evolution dazwischen stehen und nur einen Teil der Photosynthese
über C4 und den anderen über C3 durchführen.
Um Gene und Aktivitäten für den C4-Weg und
insbesondere für die größtenteils noch
wenig verstandenen Transportprozesse unter anderem der
C4-Moleküle zu identifizieren, haben sie in einem globalen
Ansatz die gesamten Populationen von messenger RNAs in den
verschiedenen Typen von Pflanzen analysiert und miteinander verglichen.
Die in den vergangenen Jahren entwickelten Sequenzierungstechniken
erlauben jetzt, Millionen von Datenpunkten zu generieren, mit denen
sich Unterschiede in einzelnen Genaktivitäten finden lassen.
Möglich ist dies allerdings nur mit viel Fleiß und
intelligenten Suchmaschinen, da ansonsten die Datenflut nicht zu
überblicken ist.
Die ersten Ergebnisse zeigen nun,
dass bei der Evolution des C4-Weges mehrere parallele Mechanismen
angeschaltet wurden, um eine bessere lokale Versorgung mit
dem CO2
zu gewährleisten. Ferner konnten die Düsseldorfer in
den C4-Pflanzen neue Transportproteine identifizieren, die an dem
Stoffwechsel und Transport der C4-Moleküle von Zelle zu Zelle
im Blatt beteiligt sind. Die feinen qualitativen Unterschiede in der
Anzahl der Transportmoleküle konnten erst durch eine solche
globale Analyse statistisch sicher identifiziert werden und
ließen sich in direkten Einzeluntersuchungen nicht
messen.
Besonders bemerkenswert ist der
Befund, dass die Gene für die CO2-Transporter,
die für den C4-Umweg essenziell sind, bereits in den
ursprünglichen C3-Pflanzen vorhanden sind. Damit liegt die
Grundlage für diesen evolutionären Fortschritt nicht
in der Erfindung neuer Gene und Proteine, sondern auf der Ebene der
Regulation. Es wäre also nicht nötig, neue Gene in
C3-Pflanzen einzubringen, um aus ihnen gentechnisch C4-Pflanzen zu
machen – nur die Steuerung muss angepasst werden. Das ist
allerdings deutlich komplizierter, als "bloß" ein Gen in eine
Pflanze einzubauen.
Ob allerdings die C4-Pflanzen
gegenüber den C3-Pflanzen in Zukunft mit steigender CO2-Konzentration
in der Luft aus den zivilisatorischen Abgasen des Menschen noch einen
Vorteil haben werden, ist unklar. Vielleicht in ein paar Millionen
Jahren, wenn die Pflanzen die Erde wieder übernommen haben.